Turbomotor: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 29. Dezember 2016, 10:52 Uhr
Was ist ein Turbomotor und wie wählt man die Komponenten
Bei einem Turbomotor wird die Luft, die für die Verbrennung des Benzins (oder Dieselkraftstoffes) benötigt wird, mit Hilfe der Energie der Abgase verdichtet, sodass mehr Luftmasse in den Brennraum gelangt als durch die Ansaugwirkung des Motors selbst.
Dafür werden einer oder mehrere Turbolader verwendet (Alternativen: Kompressor, G-Lader, Comprex-Lader).
Je mehr Luft (also Sauerstoff-Moleküle) zur Verbrennung zur Verfügung steht, desto mehr Kraftstoff kann jeweils verbrannt werden, und desto mehr Energie und damit Leistung und Drehmoment wird freigesetzt.
Physikalischer Hintergrund
Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Masse eines Gases (in unserem Fall Luft) und seinem Volumen, seiner Temperatur und dem herrschenden Druck, und zwar die sogenannte spezielle Gasgleichung:
p * V = m * R_s * T
oder auch m = (p*V)/(R_2*T)
Dabei repräsentieren "p" den Druck der Luft, "V" das Volumen, "m" die Masse, "R_s" die spezielle Gaskonstante für Luft und "T" die Temperatur der Luft.
Das Volumen ist durch den Hubraum des Motors gegeben. Die Temperatur wird durch diverse äußere Einflüsse, innere Reibung und eventuelle technische Kühlungsmaßnahmen bestimmt. Die spezielle Gaskonstante für Luft ist eine feste Zahl. Demzufolge hängt die Masse (also die Anzahl der Sauerstoff-Moleküle, die zur Verbrennung benutzt werden können) direkt vom Druck ab: Höherer Druck erlaubt die Verbrennung von mehr Kraftstoff, und damit wir mehr Energie freigesetzt.
Komponenten und Parameter
Zielsetzung ist, den Parameter "m" (Luftmasse) zu maximieren. Dazu kann man (siehe 2. Formel oben) die anderen Parameter folgendermassen beeinflussen:
Triviale Maßnahme: Volumen "V" erhöhen, merke: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen. Leider ist beim 6G72 Motor ein Hubraum von ca. 3 Litern vorgegeben, also müssen wir andere Maßnahmen ergreifen.
Zunächst erhöht man stattdessen den Druck "p", d.h. man komprimiert die eintretende Luft mit Hilfe des Turboladers. Jeder Turbolader hat ein Turbinenrad, das von den Abgasen des Motors angetrieben wird, und ein Verdichterrad, das die Verbrennungsluft "in den Motor pumpt". Beide Räder sind durch eine Welle verbunden. Voraussetzung für die Verdichtungsfunktion ist aber das Vorhandensein eines nennenswerten Abgasstroms, der die Turbine antreibt. Dieser steht aber erst zur Verfügung, wenn der Verbrennungprozeß im Motor kräftig läuft: Damit wird der Turbolader erst verzögert angetrieben, man spricht vom Turboloch oder englisch Turbo-Lag. Dieses wird umso größer je größer der Lader ist, da dieser entsprechend länger beschleunigt werden muss, bis er Kompressionsleitung liefert.
Durch die Komprimierung wird die Luft aber erwärmt, ebenso durch andere Einflüsse. Um die Masse "m" dennoch so hoch wie möglich zu bekommen, wird die Temperatur "T" durch Kühlung reduziert, nämlich durch möglichst effiziente Ladeluftkühler.
Einfluß der Strömungsverhältnisse
Die Luft strömt natürlich mit erheblicher Geschwindigkeit in den Motor und als Abgas wieder hinaus (das treibt ja die Turbolader an). Die o.g. Gasgleichung gilt für statische Verhältnisse, gibt also die Strömungsdynamik nicht wieder.
Die Strömungsgeschwindigkeit ist direkt abhängig von der Motordrehzahl, denn die 6 Zylinder werden je 2 Umdrehungen (4-Takter) einmal mit Luft gefüllt und wieder mit erheblichem Volumenzuwachs durch die Verbrennung entleert. Die Luftströmung ist in jedem Fall "turbulent", d.h. verwirbelt, was zu Reibung und damit zum Verlust von Bewegungsenergie (Geschwindigkeit) führt. Wie üblich wirkt sich der Energieverlust als Erwärmung aus, die insbesondere bei der Ansaugluft unerwünscht ist. Je schneller die Strömung desto höher die innere Reibung und damit die Verluste in Form von Wärme.
Durch dieses dynamische Strömungsverhalten des individuellen Motors wird die überhaupt durchsetzbare Gasmasse begrenzt, denn ab einem bestimmten Druck wird das Gas nicht mehr dichter sondern nur noch wärmer. Auch die Turbolader-Verdichter haben ein definiertes Strömungsverhalten, d.h. sie entfalten ihren besten Wirkungsgrad in bestimmten Bereichen, während außerhalb dieser Bereiche nur mehr Wärme erzeugt wird. Dieses Verhalten ist aus den für einige Lader erhältlichen Turbo-Maps (Kennlinien-Feldern) ablesbar.
Eine Verbesserung der Strömungsverhältnisse kann u.a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:
- Offener Luftfilter mit Wärmeabschirmung (Parameter "T" niedrig halten, Motorwärme abschirmen)
- Strömungsgünstige und kurze Rohrleitungen
- Optimierte Ladeluftkühler mit ausreichendem Durchsatz
- Optimierte Kompressor-Räder der Turbos
- Überarbeitung der Zylinderköpfe, Strömungskanäle, Ventile ("porting")
- Optimierte Abgasführung (hohe Strömungsgeschwindigkeit = schnelles Anlaufen der Turbos)
Fazit
Die Wahl des passenden Laders hängt vom individuellen Design des Motors und individuellen Optimierungsmaßnahmen ab. Ein großer Lader bedeutet nicht automatisch mehr Leistung, aber immer ein größeres Turboloch. Es ist immer das Kennlinien-Feld des Laders zu beachten.
Wichtig: Bei gleichem Ladedruck, gleicher Temperatur und gleichen Strömungsverhältnissen gibt es für denselben Motor keinen Unterschied zwischen einem großen und einem kleinen Lader, die Luftmasse ist und bleibt dieselbe. Eine Erhöhung des Ladedruckes ist nur bis zu dem Punkt möglich, wo statt Durchsatz nur noch Wärme produziert wird.
Optimiert man die Strömungsverhältnisse aber, kann man den effizienten möglichen Ladedruck bei gegebenen V und T nach oben verschieben und dadurch auch mehr Luftmasse zur Verbrennung bereitstellen. Weitere Maßnahmen sind dann die effiziente Ladeluftkühlung und der Einsatz ggf. effizienterer Turbolader.